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Die Braut aus dem Kohlenkeller - Wir gratulieren Frida Naute wird 100 Jahre alt. Rückschau auf ein bewegtes Leben

Quelle: Der Patriot, Ausgabe vom 20.11.2021

Frida Naute

Frida Naute blickt auf ein Jahrhundert zurück. Foto: Kossack


Geseke – Frida Naute sitzt in einem gemütlichen Sessel im Haus Allerbeck. Eigentlich wohnt sie alleine, aber zweimal in der Woche ist sie hier. „Das ist wie ein Urlaub in einem 1. Klasse-Hotel“, schwärmt sie. Sie fühlt sich wohl hier, schwelgt in Erinnerungen, die manchmal amüsant, aber auch schmerzhaft sind. Frida Naute kann etwas, das nur wenige Menschen können: Auf ein ganzes Jahrhundert zurückblicken. Am Samstag, 20. November, wird sie 100 Jahre alt. Eigentlich wollte sie gar nicht in die Zeitung, aber Bekannte haben sie überredet. „100 Jahre alt zu werden ist schon selten, haben die gesagt.“ 100, das habe noch niemand aus ihrer Familie geschafft. Für ihren Geburtstag plant die Enkelin etwas – fünf hat sie davon und drei Urenkel. In Geseke hat sich derweil viel verändert, in den letzten Jahrzehnten. Das weiß Naute aus ihrer Erinnerung, auch wenn sie nicht in der Stadt geboren wurde, sondern in Landsberg an der Warthe – heute liegt das in Polen. 1921 war das.

Nach der Konfirmation holte ihr Onkel sie nach Berlin, 1944 heiratete sie dort. Ihr Onkel handelte mit Kohlen, die im Keller gelagert wurden. „Wir sind für die Hochzeitsfotos dann zum Fotografen gegangen“, erinnert sie sich – Fotos, das war zu der Zeit etwas besonderes. Dabei habe einer der Kohlenträger gesehen, wie sie aus dem Keller kam und habe gesagt: „Ich habe ja schon viel gesehen, aber eine Braut, die aus dem Kohlekeller kommt, noch nie.“ 1946 kam sie mit ihrem Mann und einem 7-monatigen Sohn nach Geseke, als Kriegsvertriebene.

Noch zwei weitere Kinder brachte sie zur Welt, eins davon verstarb nur wenige Wochen nach der Geburt. Derartige Schicksalsschläge musste Frida Nauta einige erdulden. „Geholfen hat mir dann immer der Glauben“, sagt sie ernst. Dass die Martin-Luther-Kirche in Geseke verkauft wurde, nimmt sie mit. „Meine Kinder wurden da getauft.“ Frida Naute erinnert sich an fast alle Details ihres Lebens. Sie ist bescheiden, kann aber durchaus stolz auf sich und ihr hohes Alter sein. „Ich höre schlecht, die Augen haben auch nachgelassen, aber im Oberstübchen klappt es noch.“ Die aktuelle Weltlage verfolgt sie, ist über Corona informiert und auch über politische Ereignisse.

Die Welt hat sich weitergedreht – zu schnell, findet sie. „Die Technik ist etwas für die Jungen, ich bin zu alt dafür und kann damit nichts mehr anfangen.“

Und das Rezept dafür, ein so hohes Alter zu erreichen? „Viel Arbeit“, ist ihre erste Antwort. Und natürlich der medizinische Fortschritt. Kurz nachdem sie in Geseke angekommen war, war sie schwer krank, litt unter Blutarmut „Das wurde damals mit Direktblut-Transfusionen behandelt.“ Sie erinnert sich sogar noch an die Namen derer, die ihr damals Blut spendeten. „Die lagen auf der Liege neben mir.“ Später, in den 1960ern, wurde sie operiert und ihr im Nachhinein erzählt, dass sie als Anschauungsobjekt in den Hörsaal voller Medizinstudenten geschoben worden war – ohne es zu wissen. Heute undenkbar.

Quelle: Der Patriot, Ausgabe vom 20.11.2021

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