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Künftig Pflegeeinrichtung: Im ehemaligen Kloster an der Bachstraße in Geseke schließt sich ein Kreis

Quelle: Der Patriot, Lüke, Ausgabe vom 11.10.2021

LWL Pflegeeinrichtung

Noch steht das Kloster leer: Seine Geschichte als Pflegeeinrichtung beginnt 1841. Hier waren schwer erkrankte Menschen in Pflege, von denen die Bevölkerung nichts wissen wollte. Foto: Dietz


Wenn in einiger Zeit wieder bedürftige Menschen in das ehemalige Kloster an der Bachstraße ziehen, schließt sich gewissermaßen ein Kreis. Denn das Gebäude diente bereits seit 1841 als Pflegeeinrichtung.

Geseke – Liest man im Beitrag der Stadtgeschichte aus der Feder der Archivarin Evelyn Richter, bekommt man mitunter eine Gänsehaut. Schon 1821 wurde in Benninghausen das Landarmen- und Arbeitshaus für die „arbeitsscheuen und sittlich verkommenen sowie heimatlosen Armen“ eröffnet. Die Geseker Anstalt sollte hingegen diejenigen schwerstkranken Landarmen (und einige pflegebedürftige Selbstzahler) aufnehmen, für die eine Unterbringung in den beiden genannten älteren Einrichtungen nicht in Frage kam, weil sie weder geisteskrank noch arbeitsscheu, also nach damaligen Verständnis „schuldlose“ Arme waren, macht Evelyn Richter die Anfänge deutlich. Die Wahl war auf das Klostergebäude gefallen, weil es in Folge der Säkularisierung 1833 an den preußischen Staat gefallen war und weitgehend leer stand (die beiden letzten Laienbrüder zogen 1841 ins Kloster nach Wiedenbrück).

„Die praktische Aufnahme von Kranken erfolgte, indem der Antrag der Ortspolizeibehörde um Aufnahme eines Kranken mit einem zuvor ausgefüllten Fragebogen an die Königliche Regierung gerichtet wurde. Diese legte den Antrag dem Direktor der Anstalt vor und wenn dieser die Aufnahme befürwortete, wurde die Aufnahmeanweisung erteilt“, erläutert Evelyn Richter die praktische Seite. Diese Fragebögen wurden im Laufe der Zeit immer umfangreicher. Sie enthielten im ersten Teil Angaben der Ortspolizeibehörden zu Namen, Geburtsort und -datum, Konfession, Beruf und Stand, Familien- und Vermögensverhältnisse. Im zweiten Teil folgten die Angaben des Kreisphysikus, der anfangs die ärztliche Untersuchung durchzuführen hatte, später die des Arztes, zu Art und Ursache der Erkrankung, körperlicher Verfassung und Temperament, Bildung und vorherrschenden Neigungen, bisher erfolgten Behandlungen und deren Erfolg, Neigung des Kranken zu tobsüchtigen Anfällen, Geisteskrankheit, Vorhandensein ansteckender Krankheiten wie Syphilis oder Krätze, sonstige Bemerkungen sowie eine Einschätzung zur Arbeitsfähigkeit des Kranken.

Drinnen herrschte ein hartes Regiment. Laut Hausordnung von 1843 drohten „widerspenstigen Pfleglingen“ „1) Entziehung der Mahlzeiten, 2) Verbot des Sprechens, 3) Alleinsitz beim Speisetische, 4) Tragen eines Straf-Kleidungsstückes, 5) einsames dunkles Gefängnis ohne Beschäftigung“, fand die Geseker Archivarin heraus. Als Belohnung dienten „1) Vergönnung einzelner Speise- oder Getränke-Zugabe, 2) die Erlaubnis, Taback zu rauchen oder zu schnupfen, 3) Ehrensitze bei Mahlzeiten, 4) bessere Kleidungsstücke, 5) öffentliche Belobungen.“

Wirtschaftlich funktionierte die Einrichtung eher mittelprächtig. „Die Anstalt sollte ursprünglich bis zu 120 unvermögenden Kranken gegen Zahlung von 25 Talern jährlich, zu bezahlen gegebenenfalls aus den Armenund Gemeindekassen, sowie 20 vermögenden Kranken für 60 Taler pro Jahr Platz bieten“, heißt es dazu in der Stadtgeschichte.

Trotz größter Sparsamkeit der Anstaltsführung stellte sich jedoch bald ein höherer Finanzbedarf heraus, zumal man anfangs die Zahl der für eine Aufnahme in Frage kommenden kranken Landarmen in der Provinz Westfalen unterschätzt hatte. Die Nahrungsmittelversorgung der Kranken wurde durch anstaltseigene Viehhaltung und durch Bewirtschaftung eigener bzw. gepachteter Ackerflächen sichergestellt, wobei der Umfang der landwirtschaftlichen Fläche zum Unmut eines Teils der Geseker Bevölkerung mit Wachsen der Anstalt erweitert wurde.

„Da man für die ganze Provinz Westfalen die Zahl von 300 an Epilepsie leidenden Kranken berechnet hatte, wovon 52 in Geseke unterzubringen waren, wurde 1852/53 an der Südseite der Anstalt ein Flügel angebaut, der nach Fertigstellung für 60 Pfleglinge Platz bot. Schon 1866 musste ein weiterer größerer Anbau errichtet werden“, stellt Evelyn Richter dar. Bis Ende 1871 wurden insgesamt 911 Kranke aufgenommen, von denen 77 als geheilt entlassen wurden und 435 verstarben. Später sanken die Aufnahmegesuche, was auf die positive Entwicklung des Krankenhauswesens in der Provinz Westfalen zurückgeführt wurde.

Obgleich die Anstalt ihrem Anspruch nach konfessionsneutral sein sollte, wurde 1841 die Führung der Haushaltung und die Pflege der Kranken den katholischen Barmherzigen Schwestern aus dem kurz zuvor gegründeten Mutterhaus des hl. Vinzenz von Paul in Paderborn übertragen, weil „mit Rücksicht auf die in Betracht kommenden ekelhaften Krankheiten nicht um Lohn gedungene Wärter und Wärterinnen in Frage kommen konnten, vielmehr nur solche Personen, welche irdischen Lohn verachten und aus Liebe zu Gott und dem Nächsten die Krankenpflege verrichten“. Für ihre schwere Arbeit wurden die Schwestern persönlich nicht entlohnt, wohl aber zahlte die Provinz dem Mutterhaus in Paderborn eine jährliche Entschädigung.

Und die Geseker Bevölkerung? Die wollte mit den Insassen so wenig wie möglich zu tun haben. Ein Geseker Bürger beschrieb seine Eindrücke von den Kranken 1860 so: „[…] wenn man nur der Schauder erregenden Krankheiten gedenkt, die die Anstalt birgt und die jährlich durch die Amtsblätter mitgeteilt werden, solches zu lesen ist nicht jeder abgehärtet, viel weniger die Personen mit angefressenen Nasen und eiternden Augen, – wahre Leprosen des Mittelalters, wofür man ½ Stunde von der Stadt die Siechenhäuser erbaute – täglich auf den Straßen herumgehen zu sehen. Die Anstalt hatte von Zeit zu Zeit vor verschiedenen Thoren der Stadt Grundstücke angekauft, und wurden die arbeitsfähigen Personen der Anstalt dazu verwandt diese Grundstücke zu bebauen, es sind aber häufig solche Personen, die an Aussatz – oder krebsartigen Geschwüren leiden – von Herzen gesund und wohl fähig Garten- und Feldarbeiten zu verrichten, aber ihr Elend dem Publikum gegenüber öffentlich zur Schau zu tragen, ist für zartfühlende Frauen zu ergreifend.“

Patient wurde Organist und Chorleiter

Es gab aber auch Ausnahmen. Der 1828 in Lübbecke geborene Ludwig Massry kam 1843 als 15-jähriger in die Geseker Anstalt, in der er bis zu seinem Tod am 28. Mai 1897 verblieb. Er litt an Knochendeformation und einer Gesichtsflechte, die ihn so stark entstellte, dass er neben einem langen braunen Kaftan stets ein sein Gesicht verhüllendes Tuch trug. Durch den katholischen Anstaltsseelsorger Pastor Schulte gefördert, erlernte er das Orgelspielen und war in der Anstaltskirche St. Johannes Baptist als Organist tätig. Dort erfreute er insbesondere an hohen Feiertagen wie Weihnachten mit seinem Spiel die Geseker Bevölkerung. Er leitete den Krankenchor, bei Auftritten gelegentlich durch städtische Sänger unterstützt, und kümmerte sich um seine jüngeren Mitpatienten. Am 11. März 1893 feierte er sein 50-jähriges Anstaltsjubiläum. Als er 1897 verstarb, nahmen viele Bürger und Vertreter von Institutionen an seiner Beerdigung teil.

++++ Umfassender Ausbau nach dem Krieg ++++

Am 1. Oktober 1953 ging die Trägerschaft des Hauses auf den neu gegründeten Landschaftsverband Westfalen-Lippe über. Mit dessen Gründung wurden die früheren Provinzialanstalten in „Landesheil- und Krankenanstalten“ und 1960 in „Westfälische Landeskrankenhäuser“ umbenannt. Die Geseker Anstalt nannte sich weiterhin „Westfälische Landespflegeanstalt“. Zum 1. Januar 1968 erfolgte die Umbenennung der Geseker Anstalt in „Westfälisches Landeskrankenhaus Geseke – Langzeitkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie“. Am 3. September 1973 erfolgte die Eröffnung einer Krankenpflegehilfeschule, die zusammen mit dem Hospital zum Hl. Geist betrieben wurde. Aufgrund von Nachwuchsmangel mussten die Vinzentinerinnen nach 129 Jahren aufopferungsvoller Pflege ihren Dienst in Geseke zum 31. März 1980 beenden. 2002 begann man mit dem Bau eines neuen Wohnheims mit 500 Quadratmetern Nutzfläche für 24 Geistig- und Mehrfachbehinderte. 2011 folgte das „Haus am Klostergarten“ mit 80 Plätzen.

Quelle: Der Patriot, Lüke, Ausgabe vom 11.10.2021

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